Jede Stadt hat ihr Original, auch Mannheim. Manche Originale wandern von der Stadt ins Buch. Ernst Kolb, “Bürger Kolb”, Mythos Kolb ist mehr als nur ein Mannheimer Original. Er war ein nuschelnder Lebenskünstler, ein stadtbekannter Philosoph des Pflasters, der von der Straße zu den Künstlern kam. Er war Teil des kulturellen Lebens, sah das Treiben in der Stadt mit eigenen Augen und sammelte auf, was ihm wert war, bewahrt zu werden. Allgegenwärtig, bejubelt und zugleich abgewertet, ließ er sich jedoch nicht einschüchtern oder vereinnahmen. Er war unbequem und nicht immer umgänglich. Seine äußere Erscheinung, auch seine stets vollgestopfte Plastiktasche passten selten in das eher gehobene Ambiente, in das er sich bei Empfängen, Lesungen und Vernissagen drängte. Er diskutierte in seinem Dialekt und er tat sich selbst als besessener Zeichner hervor, dessen Werke mehrfach ausgestellt wurden. An Ernst Kolb kam keiner vorbei. Er regte andere Künstler an, ihn zu bedichten, zu zeichnen, zu modellieren. Sein Beispiel liefert eine kleine Kulturgeschichte der siebziger und achtziger Jahre, geprägt von einer Kultur “von unten”, die ihren berechtigten Platz einforderte. Die Wege von Rolf Bergmann und die von Ernst Kolb kreuzten sich auf seltsame Weise an entscheidenden Schnittstellen. Sein Buch berichtet vom “Mann mit der Plastiktasche”, einem Mannheimer Original, das nie nur originell sein wollte.