Alle Geschichten der Nacht enden im „Faulen Pelz“, der Heidelbergs zweitberühmtestes Bauwerk ist. Zundel-Heiner & Zundel-Frieder, zwei von Johann Peter Hebel „geborgte“ Gestalten (die mit dem ehemaligen OB Reinhold Zundel weder verwandt noch verschwägert sind), wollen es vermeiden, trotz der freien Logis allzu oft Gast im „Faulen Pelz“ zu sein. Heiner braucht dringend ein Nachtquartier und gabelt im alten “Kakaobunker” der Universität die Germanistikstudentin Iris auf, die günstig in der Kettengasse wohnt. Iris stellt ihm allerdings die Bedingung, sie bis zum Sonnenaufgang zu unterhalten – Heiner hatte zwar auf mehr Liebreiz der Studentin gehofft, doch er nimmt es wie es kommt und das Geschichtenerzählen fällt ihm nicht schwer. Seine sehr lebensnahe Universität war der „Faule Pelz“ – er erzählt Iris Geschichten, bis die Sonne endlich aufgeht und er sein Ziel vermeintlich erreicht.
Was der Heiner seiner Iris erzählt
Diese Geschichten sind witzig, satirisch, sozialkritisch und reich an überraschenden Pointen. Im Rhein-Neckar-Dreieck sind sie angesiedelt und nehmen vor allem Heidel-berger Einrichtungen, die Probleme der Bewohner, ob Einheimische, Zugewanderte, Studenten oder Touristen, aufs Korn…
An nüchternen Tatsachen entzündet sich die Phantasie des Autors, seine Kunst zu fabulieren kennt keine Grenzen. Spitzfindig verdreht er Wörter, er verkehrt Begriffe und streut mit leichter Hand Pointen in seine brillant formulierten Geschichten, die nicht nur das Mädchen Iris bis zum Morgengrauen fesseln.
(Mannheimer Morgen, Seite 35, 26. Oktober 1989)
Geschichten einer Nacht
Hier erzählt einer mit subversiver Lust… Es gibt eine vergnügliche Lektüre ab, denn Bergmann, der sich in Heidelberg (und Mannheim) offensichtlich gut auskennt, greift Aktuelles auf, ist in seiner plastisch-phantasiereichen Erzählweise aber am Traditionellen orientiert. Sein erzählender Zundel-Heiner, der auch mal die Perspektive wechselt, ist eine von ihm wiederbelebte Gestalt aus Hebels “Schatzkästlein des Rheinischen Haus- freundes”, und so vermischt sich das Alte mit dem Neuen… Das wird nun sehr witzig und humorvoll gehandhabt.
(Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, 2. Januar 1990)
Rolf Bergmann und sein neues Buch in der Alten Feuerwache
An den vier ausgewählten Geschichten (der Lesung, Anm. RB) wurde deutlich, daß es sich nicht um das Genre des Heimatbuches handelt. Ein Heimatdichter kann Bergmann schon deshalb nicht sein, weil er als Außenstehender erst 1973 nach Heidelberg kam, dann nach Mannheim… Sein Blick ist nicht betulich und sentimental, sondern kritisch, trocken und gelenkt von der amüsierten Neugier des Entdeckers, dem nichts lieb und altvertraut, sondern alles merkwürdig, aber liebenswert ist…
Im “Testament eines Amerikaners” beschreibt Bergmann ironisch den eigenen Traum von einer architektonisch auf den Menschen zugeschnittenen Stadt Heidelberg. Wo die Ein- heimischen durch die Gewohnheit blind sind, entdeckt das Auge des Zugewanderten viel Wesentliches und Material genug zu einer spröden Liebeserklärung.
(Die Rheinpfalz, Ludwigshafen, 22. Dezember 1989)
Ironisch-absurde Eskapaden – Rolf Bergmann liest im Medienhaus Prinz
In erster Linie las Bergmann aus seinem neu erschienen Erzählband “Der Faule Pelz – Geschichten einer Nacht”, die ortskundig an Schauplätzen der beiden Neckarstädte spielen und dabei liebenswürdig-ironisch kommunalpolitische Schildbürgerstreiche schildern, die Bergmann zu absurden, aber nicht unwahrscheinlichen Eskapaden weiterspinnt… “Mit dem Spurbus nach Sao Paulo oder Die endgültige Aufhebung des Nahverkehrs” greift das langjährig diskutierte Mannheimer Nahverkehrsprojekt auf, das in dieser Erzählung durch die Ausstellung des Museums Sao Paulo in der Kunsthalle einen neuen Aufhänger findet. Die Stadtoberen haben sich entschlossen, den Spurbus von einer “elegant in die Uferböschung versteckten Startrampe” in K 1aus bis Rotterdam und über den Atlantik bis nach Sao Paulo zu führen, und zwar auf Schwimmbrücken, die sich hinter dem Bus ab- und vor ihm wieder aufbauen…
(Mannheimer Morgen, 8. April 1991)
Der “Faule Pelz” im “Faulen Pelz”
In der Strafvollzugsanstalt “Der Faule Pelz” las der Mannheimer Autor Rolf Bergmann aus seinem 1989 erschienenen Buch “Der Faule Pelz”. Das Buch ist eine Sammlung von Geschichten über kleine kriminelle Verwicklungen in Heidelberg und Mannheim, die meist im “Faulen Pelz” enden. Auch die Rahmenhandlung führt hinter die “schwedischen Gardinen”. Inspiriert wurde Bergmann durch Hebels Zundel-Heiner, eine Gaunerfigur. Am Anfang stand eine einzige Geschichte, und im Schneeballsystem wurden mehr daraus, beispielsweise über einen Heiratsschwindler oder einen Wohnungsbetrüger…
Die Veranstaltung gehört zu der Reihe “Kulturtrips 90″, die Eva Vargas initiiert hat:
Autoren sollen auch an ungewöhnlichen Plätzen auftreten.
(Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, 10. Mai 1990)
Der Faule Pelz – Geschichten einer Nacht
Verlag Pfälzische Post, Neustadt a.d.Weinstraße, 1989, 120 Seiten
(Das Buch gibt es nur noch antiquarisch oder direkt bei mir für 2 €)